Zwischen Spanisch und Tango … Buenos Aires

26.01. – 28.02. Buenos Aires – Argentinien

La Boca, Buenos Aires
La Boca. B.A.
Tango
Palermo, B.A.
La Boca
Ueberall in Buenos Aires sieht man die kunstvollsten Graffiti

San Telmo, unser Viertel in Buenos Aires

Tango auf dem Plaza Dorego in unserem Viertel, San Telmo
ebenfalls

San Telmo

 

Hotel Bolivar, unsere Heimat fuer einen Monat

Der Ausblick von unserem geliebten Hotelzimmer
Das Treppenhaus von unserem Hotelzimmer. Hier koennte man einen Vampirfilm drehen.
Hotelfenster
Hotel Bolivar

Buenos Aires gefaellt uns sehr gut. Hier könnten wir auch bleiben.

In Buenos Aires ist der Tango zu Hause. Der Tango gehoert zu Buenos Aires wie der Fussball zu Brasilien.
Buenos Aires wird durch den Tango vertreten. Er ist intensiv, obskur, komplex, melancholisch. Gleichzeitig finden wir auch viel Lebenskraft und Zusammengehörigkeit hier in Buenos Aires….und im Tango. Insgesamt haben wir den Eindruck, dass der Umgang in Buenos Aires unkonvertionell, sehr direkt, einfühlsam aber oft politisch unkorrekt ist. Das macht es heiter. Dennoch faellt uns so oft auf, wie respektvoll die Menschen hier miteinander umgehen. Der Inhalt ist wichtig, nicht die Form.

Die Stadt schläft nicht. Die Leute hier brauchen anscheinend kaum Schlaf. Das behaupten sie auch stolz, denn das Leben bietet so viel. Das Leben bietet auch so viel, dass man Mate braucht. Matetee trinkt man sehr stark, bitter. Der Mate hat eine sehr erfrischende Wirkung, belebend, er öffnet die Augen und ermoeglicht einen Sommer mit wenig Schlaf. Mate trinkt man nicht alleine. Der Becher wird geteilt, ob man sich nun kennt oder nicht.

Vorbereitung des Mate in der Gemeinschaftskueche.

Maria ist unsere Spanischlehrerin.

Maria

Sie erzählte uns viel über ihre Stadt und über die Mentalität ihres Landes. Beispielsweise seien die Höflichkeitsformen nicht wichtig. Wichtig ist die Haltung, die Art wie man etwas sagt. Nicht die Form.

Uns fiel auf, dass die sozialen Unterschiede wenig betont werden. Einige Leute sind offensichtlich in finanziellen Nöten. Sie verkaufen dann irgendetwas: Stifte, Lupen, Kopfhörer, …. In der Metro (Subte) werden die Dinge verteilt, bereitwillig angesehen und dann zum Teil gekauft. Es ist üblich, ohne mitleidige, abwertende oder sonstige Mine ärmeren Menschen die Dinge einfach abzukaufen, um sie ein wenig zu unterstützen. Der Umgang bleibt respektvoll, auch wenn jemand offensichtlich in Schwierigkeiten steckt und auf Hilfe angewiesen ist. Maria und andere meinten, es läge daran, dass jeder hier jederzeit verarmen kann. Die wirtschaftliche Lage ist so instabil, dass die Menschen hier damit rechnen, dass eine schwierige Lebenssituation auch sie selbst ereilen koennte. Daher vielleicht das Mitgefühl und der respektvolle, hilfsbereite Umgang mit Leuten in einer schwierigen Situation. Geld ist hier Aufgrund der Inflation vergänglich, irreal. Was hier dann einen realen Wert darstellt ist die Zeit. Die Zeit, die man arbeitet. Die Zeit, die man miteinander verbringt. Sagt Maria. Wir konnten nichts gegenteiliges beobachten.

Wir haben uns schnell an den Lebensrhythmus der Stadt angepasst.
Nachts hatten wir oft unsere Tango Lessons bei Alberto Goldberg und Irina.

Wohl die beiden besten Tangolehrer der Welt. Sie koennen beide in der Maenner- und Frauenrolle tanzen.
manchmal lustig
manchmal lieb

Alberto kommt vom Theater und vermittelte uns Verständnis für Tango über Theatermethoden. Sehr abgefahren. Somit gewann der Tango eine andere, neue Dimension für uns als nur tanzen. Wir haben den gemeinsamen Tango- walk gelernt. Und wir haben auf den Zwischenraum beim Tanzen geachtet. Der Raum zwischen den beiden Tanzenden ist am wichtigsten. Er muss „sauber“ bleiben. (Wie denn? Fragt Goldberg!) Und wir durften nicht auf unsere Fuesse schauen beim tanzen. Aber wir durften grosse Schritte machen. Und wir sollten besitzergreifend sein. Aber wir durften nicht verkrampfen. Wir sollten uns festhalten und Luft lassen. Usw., usw., usw.. An diesem tangomässigen Umgang miteinander konnten wir viel lernen oder uns zumindest damit auseinandersetzen. Alberto Goldberg war unser Tango Guru in Buenos Aires. Er widmete sich uns mit bewunderungswuerdiger Hingabe und Geduld. Nur wenn die Tanzenden nicht in Kontakt waren, war er enttauscht und traurig.

Die Lessons finden z.B. in „la catedral“ statt. Das ist eine sehr alte, stillgelegte Fabrikhalle mit wilden, riesigen Gemälden an den Mauern. Das Mobiliar kommt vom Sperrmüll, vom Service darf man nicht viel erwarten, aber das „la catedral“ ist ein sehr beliebter Ort zum treffen und tanzen. Die Besucher sehen zum Teil so aus, dass man sich nur noch vor ihnen in Sicherheit bringen möchte bis zu unglaublich aufgestrapsten Tango- Grössen. Die Milonga nach den Lessons geht bis 5 Uhr morgens.

Tanzflaeche des la catedral, natuerlich mit riesigem Bildnis des beruehmten Tangueros Carlos Gardel.
Bar im la catedral
ein sehr sehr grosses Herz, beleuchtet, aus Fallschirmen zusammengenaeht, schon etwas zerbeult, schwebt von der Decke des la catedral ueber den Tangueros.
ab ca. 23.00 Uhr wird es dann etwas belebter
und noch etwas spaeter spielt dann eine Tango Band
und dann wieder zurueck ins Hotelzimmer

Noch einige Erinnerungen, die ein Licht auf BuenosAires geworfen haben:

Die oeffentlichen Busse, sie sogenannte „colectivos“ sind ein Abenteuer. Bei Schrittgeschwindigkeit springt man auf, sichert sich eine Stange zum festhalten. Das ist wichtig, denn der colectivo rast wie ein losgelassener Lindwurm durch die engen Strassen. Da ca. Alle 300m eine Haltestelle ist, haben diese Collectivos hervorrangende Bremsen. Die Touristen erkennt man daran, dass sie quer durch den Bus fliegen. An den Argentiniern scheint die Beschleunigungs- und Bremskräfte nicht zu wirken. Sie stehen entspannt im collectivo und beobachten freundlich die Touristen, die sich wieder an der nächsten Stange ankern in der Hoffnung das nächste Bremsmanöver etwas würdevoller zu überstehen. Ein interessanter Tango wird um die Sitzplätze getanzt.

Ausschnitte von unseren colectivos, Nr. 29 …eine gute Linie.

Natürlich stehen jüngere für ältere, Herren für Damen u.s.w. auf. So findet ein ständiger Platzwechsel statt. Einmal beobachteten wir – und viele andere im Collectivo – ein junges Mädchen und einen älteren Herren, die eine längere Busfahrt vor einem freien Sitzplatz verbrachten um höflich zu diskutieren, dass der Platz dem jeweiligen anderem zusteht.

Nachts fuhren wir mit vier wirklich wild und gefährlich aussehenden Iron-Maiden-Fans im Bus. Zerrissene Shirts, gepierct bis zur Rüstung. Sie saßen im halbvollen Collectivo. Es stiegen drei Tangoprinzessinen zu, reiferen Alters. Sofort springen die Metal-Fans auf und boten den Prinzessinen galant ihre Plätze an.

Auch schön war: eine Frau, die vom Bus aus (im Stau) ihrem Freund auf dem Balkon winkte. Er bemerkte sie nicht. Innerhalb kürzester Zeit riefen und winkten etliche Leute aus dem Bus zum Balkon hoch, damit er sie sähe. Schließlich entdeckte er seine Freundin unter all den winkenden Leuten, winkte ihr, endlich!!! Wir waren erleichtert und entspannt, dass dieser Kontakt zustande kam.

Eines Abends gerieten wir in den Bus nach la Boca. Dort ist der berühmte Fußballverein La Boca Junior, wo die Karriere von Diego Maradonna seinen Anfang nahm. Der Collectivo war überfüllt mit Fußballfans. Sie stimmten ihre Fangesänge an. Sehr laut – aber schön. Es sind episch lange Texte und für uns komplizierte Melodien. Wunderbar melancholische, irgendwie sehnsuchtsvolle Fangesänge. Mal anders.

Kultur und Bildung scheint einen hohen Stellenwert in Buenos Aires zu haben. Kultur und Bildung gehört zu den Menschenrechten. Daher sind hier viele anspruchsvolle, sehr unterschiedliche kulturelle Veranstaltungen öffentlich, d.h. kostenlos. Von Theater bis zu Rockkonzerten bezahlt die Stadt die Künstler. Die Argentinier rücken dann mit Campingstühlen und Mate an, treffen sich und genießen.

Auch an den Zeitungskiosken ist die Auswahl erstaunlich. Neben Illustrieten werden die Werke von Sigmund Freud angeboten. Zwischen Süßigkeiten findet man das Manifest von Karl Marx.

Es gibt viele Buchläden und Antiquariate in Buneos Aires. Auf der Suche nach spanischen „historietas“ = gezeichnete Geschichten = erzählende Kunst = Comics lernten wir den Buchhändler unseres Vertrauens kennen. Bestimmt ein Nachfahre Che Guevaras, optisch und auch sonst! Er klärte uns mit der ungezähmten Energie, die einen revolutionären Geist auszeichnet, über die Geschichte seines Landes auf. Außerdem zeigte er uns Romane von Camus und anderen Philosophen als Historiettas. Das Leben von Evita Peron, Carlos Cardel u.ä. in gezeichneter Fassung. Da mussten wir uns doch zum Teil mit etwas anspruchsloseren Comics zufriedengeben, da unsere Spanischkenntnisse noch nicht so weit gediehen waren.

Unser Lieblingscafe heißt „la Poesia“.

Der Name ist Programm. Gerne sitzen hie die Poeten, die bei einem Glas vino tinto einige Worte in ein hübsche Büchlein schreiben, um dann wieder sinnierend in die Ferne zu blicken. Die liebenswürdigen Bedienungen wurden Opfer unserer wachsenden Spanischkenntnissen und mussten sich unsere mühsam verspanischten Geschichten anhören. Aber vermutlich waren sie ja Kummer mit den Worten von ihren Poeten gewohnt.

La poesia

Eine beliebte Frage: Was nehmt ihr denn so mit von der Reise?

Schuhe!!!

In Buenos Aires werden wunderschoene Schuhe gefertigt. Hier nur ein kleiner Ausschnitt. Die vielen Geschwister dieser Schuhe sind fotoscheu.

Sie versammeln sich auf unserem Balkon.
Hasta la Vista, Buenos Aires. Ein Teil des Herzens bleibt sicherlich hier. Die Schuhe nehmen wir aber mit.

 

 

 

6 Antworten auf „Zwischen Spanisch und Tango … Buenos Aires“

  1. !Hola!
    Ihr habt recht, in Buenos Aires könnte man bleiben. Andererseits gibts ja noch so viele andere Plätze auf der Welt, die gesehen werden wollen, z.B. Ecuador.
    Gibts einen Bericht von euch darüber?
    Noch wunderbare Tage auf eurer weiteren Reise wünscht euch
    Wolfgang
    !Chao!

  2. Buahhhhh! Da will ich hin!
    Das macht so viel Lust, all das nachzuerleben, was Ihr in diesen schönen geschriebenen und fotografierten Bildern zeigt.
    Ich dachte immer mein Herz hängt zwischen Indien und Marokko. Jetzt weiß ich, dass es noch woanders andocken kann!
    Danke für diese wunderschöne Reisebeschreibung und die guten Tips!
    Ich freue mich, wenn Ihr wieder da seid und nun noch ganz viel paradiesisches Erleben auf Galapagos und in Ecuador!
    Herzlichst gabriela

  3. Meine Lieben,

    Ihr seht soooooo wohl aus. Weiter so! Ich freue mich sehr für Euch.

    Liebsten Gruß
    Pamela

    P.S.: Ach, noch was: Ich ziehe am Donnerstag nach Genf (Wohnung in München behalte ich!).

  4. Zapatos y zapatos! veo solamente Zapatos… Pero donde estan las bolsas??
    Weiter reicht mein Spanisch nicht, jedoch mein Interesse für Kommerz, Wirtschaftsförderung und persönliche Bereicherung an überlebensnotwendigen Dingen…!
    Wenn ich fleißig übe, schaffe ich es bestimmt, bis Mitte April Eure Namen zu tanzen, das wäre doch ein angemessener Empfang!
    Ansonsten scheint mir Euer Aufenthalt in Buenos Aires fast viel zu schön, um wahr zu sein, zum Glück nur fast…
    Grüßt mir die alten Schildkröten auf Galapagos, sie sollen warten, eines Tages komme ich auch 😉

  5. Liebe Kinder!! Wir können uns fast nicht vorstellen, dass Ihr so gelockert das Leben in Buenos Aires geniesst. Nur weiter so! Bringt etwas von dieser Leichtigkeit mit in das stocksauere aber doch auch wieder schöne Europa zurück. Lieber Markus, dass Du viele geheime Eigenschaften in Dir trägst, wussten wir immer schon, aber dass Du Dich zu einem Tangotänzer entwickeln würdest!? Da hast Du uns dannn doch ganz schön überrascht! Aber schliesslich hat auch Dein Vater vor 60 Jahren diesem Laster gefrönt.
    Wir freuen uns sehr sehr Euch bald wiederzusehen

  6. Hola!
    Das sind wieder klasse Bilder und ein wunderschöner Bericht, der mich aus dem kalten und grauen Deutschland in eine faszinierende Welt entführt.
    Kommst Du noch zum Zeichnen oder seid Ihr dem Tago ganz verfallen?
    Liebe Grüße und weiterhin alles Gute
    Helga

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert